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Vitalii Melnyk absolviert ein Praktikum im DIAKO ebenso wie Kseniia Trokhymenko.

Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine

Chance und Neuanfang in Deutschland: Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 haben nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, UNHCR, bereits 7,7 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land verlassen – darunter auch Kseniia Trokhymenko und Vitalii Melnyk. Beide absolvieren ein Praktikum im DIAKO.

Vitalii Melnyk arbeitet als Praktikant im Team von Professor Dr. Stephan M. Freys, Chefarzt der Chirurgischen Klinik im DIAKO. Der 37-Jährige ist selbst erfahrener Chirurg, der in der Region rund um die Stadt Schytomyr (etwa 150 Kilometer westlich von Kiew) in einem Krankenhaus tätig war. Er hat in den vergangenen zwölf Jahren dort gearbeitet und etwa 4.000 Operationen durchgeführt. Als der Krieg begann, ist er sofort mit seiner Familie nach Deutschland geflohen. Sieben Tage waren sie im Auto unterwegs – seine Frau, seine beiden Töchter (damals ein Monat und zwei Jahre), sein Sohn (sechs Jahre), seine Schwiegermutter und eine Kollegin. „Es war eine anstrengende Reise, mit den drei kleinen Kindern im Auto. Wir hatten unterwegs viel Schnee und noch dazu waren wir alle natürlich sehr um die Zukunft besorgt“, erzählt Melnyk, der seit Mai einen Deutsch-Sprachkurs besucht. Über einen Kontakt kam die Familie nach Bremen. „Meine Frau hatte vor zehn Jahren ein Aupair in Bremen gemacht und die Familie von damals, mit der wir im Laufe der Jahre kaum Kontakt hatten, hat uns sofort zu sich nach Bremen eingeladen, als der Krieg begann.“ Die Dankbarkeit ist deutlich spürbar, wenn er an diese Zeit zurückdenkt. Einige Monate hat seine Familie bei Familie Siewald- Brodolsky gelebt, inzwischen haben sie eine eigene Wohnung in Bremen-Vegesack. „Als wir ankamen, gab es im Haus von Familie Siewald-Brodolsky einen Raum mit allem für unsere Kinder – Windeln, Spielzeug, Kleidung. Wir konnten gar nicht fassen, dass man so freundlich zu uns ist.“

„Kulturschock“ deutsche Bürokratie

Ein kleiner Kulturschock sei die Ankunft in Deutschland für ihn aber auch gewesen. Denn was man in der Ukraine nicht kennt, sind die (typisch deutschen) bürokratischen Abläufe. So werde in der Ukraine fast alles online gemacht, per Brief schicke man fast gar nichts. Deshalb musste Melnyk auch viel Geduld aufbringen, um – zwei Monate später – mit seinem Deutschkurs anzufangen. „Ich weiß nicht, wie es in Zukunft weitergehen wird. Ob der Krieg in der Ukraine morgen endet – hoffentlich. Und ob wir dann zurückgehen würden.“ Was er aber weiß ist, dass er weiter als Chirurg arbeiten möchte. Der Deutschkurs sei ein wichtiger Schritt dafür. „Ich möchte keine andere Arbeit machen. Ich habe viel Zeit investiert, um Chirurg zu werden in der Ukraine – das möchte ich auch in Deutschland weiter machen. Hier arbeiten zu dürfen, ist mir wichtig, auch um meine Familie zu versorgen.“

Chance im DIAKO

Deshalb hat Melnyk Professor Freys angerufen und um Rat gebeten. Neben dem Erlernen der deutschen Sprache empfahl Professor Freys sogleich ein Praktikum im DIAKO, das Melnyk in diesem August absolviert hat. Hier darf Melnyk zwar nicht „am Patienten“ arbeiten, aber er darf zusehen und bekommt so einen guten Überblick darüber, wie Chirurgie in Deutschland praktiziert wird. „In der Ukraine machen wir nur etwa ein Prozent der Eingriffe minimalinvasiv. Hier im DIAKO wird überwiegend so operiert, ich sehe also viele neue und moderne Techniken.“ Melnyk ist froh und dankbar für diese Chance im DIAKO und auch für die Unter- stützung, die er in Bremen für seine Familie erhalten hat. Sein Sohn kommt bald in die erste Klasse; aktuell wartet die Familie aber noch auf einen Kindergartenplatz für seine Tochter. In Vegesack fühlt sich die Familie sehr wohl. In der Nähe der Wohnung ist ein Spielplatz, alle Nachbarn sind sehr nett. „Ich danke Gott für die großartige Hilfe, die wir hier in Bremen bekommen – besonders von Familie Siewald-Brodolsky, die uns in der Not ohne zu zögern aufgenommen hat.“

Neue Pläne in Deutschland

„Nach Deutschland zu kommen war sehr einfach für mich – ich hatte großes Glück“, sagt Kseniia Trokhymenko. Sie macht gerade ein Pflege-Praktikum in der Frauenklinik des DIAKO auf der Station 6 A. Durch den Krieg in der Ukraine war sie gezwungen, ihr Studium zu pausieren. Eigentlich wollte die 21-Jährige nach ihrem Medizinstudium in Odessa nach Deutschland auswandern und hier als Gynäkologin arbeiten. Doch mitten im vierten Studienjahr hat der Krieg ihre Pläne umgeworfen. „Ich hatte großes Glück auf meiner Flucht nach Deutschland, denn in Polen bin ich zwei Deutschen begegnet“, erinnert sie sich. Sie habe in Polen in einer Notunterkunft übernachten müssen – konnte jedoch vor Auf- regung nicht schlafen. „Ich saß also draußen an einem kleinen Tisch und hörte plötzlich deutsche Stimmen.“ Durch ihre Deutschkenntnisse aus der Schule und dem Studium konnte sie sich mit Verena und Thomas aus Leipzig verständigen, die nach Polen gereist waren, um dort geflüchteten Ukrainern zu helfen. Da sie am nächsten Tag wieder zurück nach Deutschland fahren wollten, konnte Kseniia Trokhymenko bei ihnen mitfahren. „Wir haben auf der Fahrt viel gesprochen und gelacht. Die Beiden haben uns viel über Deutschland erzählt“, erinnert sie sich an die Reise Anfang April zurück. Durch einen weiteren Zufall kam Kseniia Trokhymenko von Leipzig nach Diepholz und von dort schließlich nach Bremen. „Diepholz war mir etwas zu klein, deshalb bin ich nach Bremen gegangen.“ Die Hansestadt erinnere sie an Odessa mit der Weser und den gemütlichen Gassen. Hier wohnt sie inzwischen im Viertel und fühlt sich sehr wohl. „Ich war auch in Hamburg, aber das war mir zu groß – es hat mich an Kiev erinnert.“

Sorge um die Eltern

Geboren und aufgewachsen ist Kseniia Trokhymenko in dem Ort Melitopol, wo ihre Eltern nach wie vor leben. Sie ist sehr besorgt um ihre Eltern und hofft, dass der Krieg bald endet. Bleiben möchte sie aber sowieso in Deutschland – dies war ohnehin für die Zeit nach dem Studium ihr Ziel – weshalb sie nun mit der Anerkennung ihres Studiums befasst ist. Die Bürokratie ist dabei auch für sie eine Herausforderung. „Es war eine große Überraschung für mich, dass ich für die Anerkennung so viel machen muss. Ich habe alle Unterlagen mitgebracht. Diese müssen nun aber übersetzt werden, dann ins Rathaus gebracht und zur Anerkennung weitergeschickt werden.“ Sollte nicht ihre ganze Studienzeit anerkannt werden, wäre das für Kseniia Trokhymenko aber gar nicht schlimm. „Durch die Pandemie hat ohnehin Vieles online stattgefunden und daher wäre mir eine Wiederholung mit mehr Praxis sehr recht.“ Mehr Praxis zu erlangen und die deutsche Sprache zu üben waren aber nicht die einzigen Beweggründe, warum Kseniia Trokhymenko sich für das Praktikum im DIAKO beworben hat. „Ich wollte etwas Sinnvolles tun und nicht von der Sozialhilfe abhängig sein. Ich habe eine Tätigkeit in der Medizin gesucht. Meine Vermieterin kannte jemandem im DIAKO und so kamen wir auf die Idee, dass ich mich hier bewerben könnte.“ Mit ihrem Praktikum ist sie sehr zufrieden, denn alle Kolleginnen und Kollegen sind sehr freundlich zu ihr und auch die Ärztinnen und Ärzte zeigen ihr vieles, weil sie daran Interesse zeigt. „Ich bin sehr froh für diese Einblicke in der Frauenklinik im DIAKO.“

 

Text und Fotos: Regina Bukowski